Name: Renate
Adresse: Waldheimer Str.
Geburtsjahr: 1959
Beruf: Bibliothekarin und Medienpädagogin

Seit wann wohnen Sie in Marzahn? Seit 1988

Wie leben sie? Ich lebe momentan allein, vorher mit meinen zwei Kindern, in Zukunft mit meinem Partner

Was bedeutet Marzahn für Sie?
Der Stadtbezirk ist in den 35 Jahren, die ich hier lebe, zu meiner Heimat geworden. Ursprünglich stamme ich aus Thüringen und anfangs habe ich die Wälder und Berge sehr vermisst. Aber mittlerweile ist der Stadtbezirk so grün geworden, kleine Straßenbäume sind zu Alleen herangewachsen, die Höfe sind grüne Oasen und immerhin gibt es auch drei “Berge” hier. Ich liebe es, den Wuhlewanderweg entlangzulaufen und schätze den vielen naturnahen Freiraum, den die Innenstadt nicht zu bieten hat. Marzahn ist außerdem mein Arbeitsort, speziell die Mark-Twain-Bibliothek. Dort habe ich viele Projekte initiiert und begleitet, Veranstaltungen organisiert, Jugendliche für die Angebote begeistert und vieles mehr. Zusammengefasst bedeutet Marzahn für mich Alltag, Natur, Erholung, Kultur, intensives Leben.

Hat sich Marzahn, seitdem Sie hier leben verändert und wenn ja, wie nehmen Sie das wahr
Marzahn ist lebendiger und bunter geworden, immer mehr Menschen leben hier. Es ist ein Stadtbezirk, in dem man sich die Miete (noch) leisten kann. Das soziale Gefälle ist größer geworden und die Einwohner im Durchschnitt älter. Junge Leute finden hier vermutlich nicht genügend ihren Interessen entsprechende Freizeitangebote. Ältere wie ich haben sich hier eingerichtet, sind fest verwurzelt und lieben ihren Kiez. Kleine Einkaufspassagen wie die Hellersdorfer oder die Marzahner Promenade haben ihren ursprünglichen Zweck verloren und die ehemaligen Läden werden oft von Vereinen und sozialen Einrichtungen genutzt. Immer mehr Künstlerinnen und Künstler entdecken den Stadtbezirk als spannende Projektionsfläche.

Was ist das Beste am Leben in Marzahn?
Die Ruhe und das viele Grün! Wenn ich ein paar Stunden in der Innenstadt war, weiß ich das vergleichsweise beschauliche Treiben in Marzahn-Hellersdorf wieder ganz besonders zu schätzen. Man hat hier noch Luft zum Atmen, Wanderwege mit Aussichtsplattformen, nette Cafés, Programmkino, Theater und alles andere, was man zum Leben braucht. Die Stadtgrenze ist fußläufig erreichbar, dann ist man schon in Brandenburg. Schön ist auch, dass man mit guten Ideen hier noch viel bewegen kann.

Was könnte im Marzahn besser sein?

Die Infrastruktur. Es gibt zu wenig Kitas und Schulen, öffentliche Verkehrsmittel könnten enger getaktet sein. Es gibt auch kein Freibad. Die Menschen hier fühlen sich oft sozial benachteiligt, die Unzufriedenheit mit der Politik wächst. Die Arbeitsweise des Bezirksamtes genügt mangels Beschäftigten nicht den parallel zur Einwohnerschaft gestiegenen Ansprüchen an selbiges. Das alles führt dazu, dass der Anteil der AfD-Wähler immer mehr steigt und Marzahn wieder abrutscht in das Image des Stadtbezirks voller Nazis.

Haben Sie einen Traum für Marzahn in der Zukunft?
Ich wünsche mir, dass nicht noch mehr grüne Innenhöfe bebaut werden, dass die Menschen wieder mehr miteinander kommunizieren und sich mehr für ihr soziales Umfeld engagieren. Mein Traum ist, dass ein Leben ohne Bibliotheken für die Menschen undenkbar wäre, sondern diese noch mehr als jetzt zum Treffpunkt, Ausleih-, Spiel-, Arbeits- und Lernort werden. Raus aus der Nische! Das wünsche ich mir für die Bibliotheken, aber auch für den Stadtbezirk. Niemand soll mehr Vorurteile haben und gerne hierher kommen.

Gibt es Ihrer Meinung nach etwas Besonderes, das Außenstehende über Marzahn wissen sollten?

  • Das Sandmännchen hat seinen Ursprung hier
  • Zum Stadtbezirk gehören fünf ursprüngliche Dörfer (Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf, Marzahn, Hellersdorf)
  • Es gibt hier eine Bockwindmühle, ein Schloss, Museen (sogar ein Turmmuseum und eine Museumswohnung, Gutshäuser
  • Zum Stadtbezirk gehört das größte, zusammenhängende Siedlungs(Einfamilienhaus)gebiet Europas
  • Mit 15 Prozent Grün- und Freifläche steht der Bezirk Berlin Marzahn-Hellersdorf in Berlin an dritter Stelle nach Treptow-Köpenick und Reinickendorf

Ricarda Mieth: Skript, 2019
Kunst und Architektur, permanente Installation im Freizeitforum Marzahn, Berlin. Das SKRIPT, in gelber Leuchtschrift verfaßt, bespielt die Bühnenrückwand im Innenhof des Freizeitforums. Nur ein Buchstabe unterscheidet die zwei leuchtenden Worte “Freizeit” und “Freiheit” voneinander. Der dreht sich langsam gegen den Uhrzeigersinn und ist im Laufe der Zeit mal als “Z” und mal als “H” lesbar. Das Zusammenspiel beider Schlagworte lässt sich im Rampenlicht als Sehnsucht, als Behauptung und nicht zuletzt als Frage lesen, bezüglich einer (Ideal-)Vorstellung von Freizeit als Zeit individueller Freiheit.http://ricardamieth.de/pgs/skript.html